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Zwischen Schein und Sein: Wie Over Branding den Arbeitsmarkt verändert

In Zeiten massiven Fachkräftemangels und einer wachsenden Wechselbereitschaft unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entsteht ein Phänomen, das sich zunehmend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht: das sogenannte Over Branding.

BrandingArbeitsmarkt

9. Mai 2025

In Zeiten massiven Fachkräftemangels und einer wachsenden Wechselbereitschaft unter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entsteht ein Phänomen, das sich zunehmend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht: das sogenannte Over Branding. Sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmende neigen dazu, sich attraktiver darzustellen, als sie es in Wirklichkeit sind – ein Spiel mit der Wahrnehmung, bei dem es darum geht, auf der jeweils anderen Seite Interesse zu wecken. Doch was kurzfristig Chancen bietet, birgt langfristig erhebliche Risiken.

Auf Seiten der Unternehmen wird das Employer Branding zur Hochglanzbroschüre: Flexible Arbeitszeiten, flache Hierarchien, eine offene Feedbackkultur – kaum ein Arbeitgeber, der nicht mit diesen Schlagworten um Talente wirbt. In der Realität jedoch klaffen Anspruch und Wirklichkeit nicht selten auseinander. Mitarbeitende erleben nach dem Onboarding, dass der beworbene Freiraum doch engen Vorgaben weicht oder das "moderne Führungsverständnis" in konservativen Strukturen endet. Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße – nicht selten mündet sie in einer schnellen Kündigung.

Doch auch Bewerberinnen und Bewerber greifen zum rhetorischen Pinselstrich: Projektverantwortung wird zu „strategischer Leitung“, Assistenzaufgaben zu „Schnittstellenmanagement“. Die Selbstdarstellung in Lebensläufen oder Vorstellungsgesprächen erreicht mitunter einen Grad an Politur, der kaum Raum für Authentizität lässt. Für Unternehmen bedeutet das nicht nur eine erschwerte Einschätzung der tatsächlichen Kompetenzen, sondern im schlimmsten Fall Fehlbesetzungen mit all ihren Konsequenzen – von Produktivitätsverlusten bis hin zu Konflikten im Team.

Die Auswirkungen reichen jedoch weiter: Auf Unternehmensebene leidet die Teamdynamik, wenn neue Mitarbeitende mit unrealistischen Erwartungen an ihre Rolle starten oder sich im Alltag als fachlich überfordert zeigen. Gleichzeitig kann eine überzeichnete Arbeitgebermarke bestehende Mitarbeitende demotivieren, wenn die internen Verhältnisse dem Bild in der Außenkommunikation widersprechen. Wer sich im Unternehmen nicht wiedererkennt, fühlt sich nicht wertgeschätzt – ein Nährboden für Frustration und Fluktuation.

Auch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ist Over Branding ein Risiko. Es trägt zur Erosion des Vertrauens auf dem Arbeitsmarkt bei. Wenn jede*r übertreibt, wird es für beide Seiten zunehmend schwerer, zwischen Schein und Sein zu unterscheiden. Die Folge: längere Einstellungsprozesse, steigende Recruitingkosten, wachsende Unsicherheit – sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Bewerbenden. Authentische Begegnungen werden zur Ausnahme, Oberflächeninszenierungen zur Norm.

Dabei ist Over Branding nicht per se negativ. In einem umkämpften Markt ist es nachvollziehbar, sich von der besten Seite zeigen zu wollen. Wer sich attraktiv präsentiert, hat bessere Karten – ob als Arbeitgeber oder als Bewerber. Ein geschärftes Profil kann Türen öffnen, Sichtbarkeit erhöhen und neue Optionen schaffen. Die Kunst liegt jedoch darin, dabei nicht in eine Scheinwelt abzugleiten.

Denn das Vertrauen, das durch überzogene Selbstdarstellungen verloren geht, ist schwer wiederherzustellen. Langfristig zahlt sich vor allem eines aus: ein sauberes, glaubwürdiges Branding, das die tatsächlichen Stärken betont – ohne sie künstlich aufzublasen. Für Unternehmen heißt das, klare Werte und realistische Arbeitsbedingungen zu kommunizieren. Für Bewerbende bedeutet es, ihre Fähigkeiten ehrlich einzuordnen, ohne unter den eigenen Möglichkeiten zu bleiben.

Transparenz, Authentizität und Konsistenz sind die wahren Erfolgsfaktoren im modernen Arbeitsmarkt. Denn wer sich treu bleibt – nach innen wie nach außen – wirkt nicht nur glaubwürdig, sondern zieht genau die Menschen an, die wirklich passen. Ein echtes Match ist letztlich mehr wert als jede geschönte Fassade.

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